Food & Mood

Eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit geht von einer falschen Ernährung aus. Ernährungsbedingte Störungen (z.B. Übergewicht) und Folgeerkrankungen (z.B. Bluthochdruck und Diabetes) nehmen stetig zu. Aber auch das Gehirn ist betroffen: Ernährung und psychische Gesundheit oder mentales Wohlbefinden sind unter anderem über unser Darmmikrobiom oder die Blutzuckerregulation eng miteinander verknüpft. In den letzten Jahren haben wir zahlreiche Kenntnisse über diese Wechselwirkungen erhalten: 

Einige Nahrungsmittel enthalten Bestandteile, die vom Darm über die Blutbahn das Gehirn erreichen und dieses auf diese Weise direkt – d.h. unsere Gefühle, unserer Stimmung oder auch das Denkvermögen – beeinflussen. 

Unsere Mahlzeiten liefern zudem Baustoffe für Nervenbotenstoffe, d.h. Neurotransmitter, die unsere Emotionen regulieren. Vieles ist mittlerweile über die psychoaktiven Bakterien im Darm bekannt: Unsere Nahrung wirkt sich direkt auf die in unserem Darm lebenden Millionen von Bakterien aus. Diese ernähren sich von bestimmten Nahrungskomponenten und produzieren ihrerseits Substanzen, die sich auf die Funktion unseres Gehirns auswirken. Nahrungsmittel beeinflussen somit grundlegende chemischen Vorgänge im Gehirn. So ist seit langem bekannt, dass ein Serotoninmangel im Gehirn zu Stimmungsschwankungen und depressiven Symptomen führen kann.

Bei vielen Erkrankungen, wie z.B. Herz-Kreislauferkrankungen, Stressfolgeerkrankungen wie die Depression, Migräne oder auch Multiple Sklerose, ist mittlerweile nachgewiesen, dass die Ernährung einen wesentlichen Einfluss auf Entstehung und Verlauf haben kann.

Unter dem Mikrobiom bezeichnet man die Gesamtheit aller Mikroorganismen (z.B. Bakterien, Viren oder Pilze ), die unseren Organismus besiedeln. Unser Mikrobiom beeinflusst unser Immunsystem, den Stoffwechsel und das Hormonsystem. Im Darm sind die Mikroorganismen dabei nicht nur wichtige Verdauungshelfer, sondern sie unterstützenauchdas Immunsystemund produzieren wichtige Nervenbotenstoffe. So entsteht im Darm der Grossteil des wichtigen Nervenbotenstoffes Serotonin und dessen Vorläufers Tryptophan, welcher in das Gehirn gelangt und dort zu Serotonin umgewandelt wird.Die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn läuft dabei in beide Richtungen über die so genannte Darm-Hirn-Achse (engl. gut-brain-axis), z.B. über den Vagusnerv, welcher vom Hirnstamm zum Verdauungsapparat verläuft

Störungen des Darmmikrobioms oder der Darmflora, die durch unseren modernen Lebensstil mit westlicher Ernährung, Medikamenten und Bewegungsmangel verursacht werden, stehen daher im Verdacht, zahlreiche Erkrankungen mit zu verursachen.

Diese Zusammenhänge bei psychischen Erkrankungen besser zu charakterisieren und in gezielte Therapieempfehlungen zu übersetzen, ist Aufgabe der durch mich geleiteten Arbeitsgruppe „Nutritional Psychosomatics“ am Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein der Universität Lübeck.

Mit qualitativ hochwertigen Daten aus der UK-Biobank konnte eindrücklich  gezeigt werden, dass der Konsum hochverarbeiteter Nahrungsmittel  – wie Fertigpizza, Müsli(riegel), industriellem Brot, Wurst oder Chips – sowohl das Risiko an einer Depression als auch der koronaren Herzkrankheit oder einer Demenz zu erkranken, deutlich erhöhen kann.

In einer kürzlich im Wissenschaftsjournal Cell veröffentlichten israelischen Studie wurden beispielsweise die Auswirkungen der vier Süssstoffe Saccharin, Sucralose, Aspartam und Stevia untersucht. Lebensmittel, die als „zuckerfrei“ oder „zuckerarm“ vermarktet werden, erscheinen häufig die gesündere Alternative zu zuckerhaltigen Lebensmitteln zu sein und erhalten diese Bezeichnung häufig durch die Verwendung dieser Süssstoffe. Über deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit ist jedoch erstaunlich wenig bekannt. Die Studie ergab, dass sowohl Saccharin als auch Sucralose den Blutzuckerspiegel der Teilnehmer deutlich erhöhten. Aspartam oder Stevia hatten hingegen keine Auswirkung auf die Glukosetoleranz.

Aber auch die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm sowie dessen Funktion veränderten sich nach der Verabreichung von Süssstoff. Die Verwendung von Süssstoffen kann also deutliche und möglicherweise schädliche Auswirkungen haben.